Warum der Teddy aus Stuttgart kommt – Neue Ausstellung ab dem 28. März
Wer Stuttgarter Zoo sagt, denkt auch Wilhelma. Heutzutage gehören diese beiden Begriffe untrennbar zusammen. In der Vergangenheit war das anders, je nach Zeitpunkt hätte man zum Beispiel an Affenwerner, Nills Tiergarten oder Doggenburg gedacht. „Die Tiergärten in Stuttgart“ sind das Thema der neuen Ausstellung im MUSE-O, die sich auf das Buch „Vom Affenwerner bis zur Wilhelma“ des Stuttgarter Autors Jörg Kurz bezieht – und ein reicher Quell für viele kuriose Geschichten.
Die Wilhelma ist der jüngste unter den Tiergärten, die im Blickpunkt stehen. Ursprünglich ein Schlosspark, dann botanischer Garten, wurde sie erst in den 1950er-Jahren „durch die Tricksereien des ersten Direktors“ zum Zoo, erzählt Ulrich Gohl, der aus dem erwähnten Buch die Ausstellung gemacht hat. Albert Schöchle war offenbar ein Tiernarr, immer wieder organisierte er im botanischen Garten Tierschauen – und immer blieben die Tiere danach da. Die Anordnung der Landesbehörden, sie zu entfernen, ignorierte der Direktor oder umging sie elegant. So ersetzte er nach einer Aufforderung, die Zahl der Tiere nicht zu erhöhen, einfach Fische durch Löwen.
Der erste der Stuttgarter Tiergärten war die Königliche Menagerie, im Bereich der heutigen Schwabengarage an der Ecke Cannstatter-/Heilmannstraße. Bis zum Stöckach erstreckte sich die Fläche, auf der mehr als 200 Tiere gehalten wurden. Trotzdem bestand der Zoo nur vier Jahre lang von 1812 bis 1816. Dann war es der damals hungernden Bevölkerung nicht mehr zu vermitteln, dass man in diesen schwierigen Zeiten wilde Tiere durchfütterte, zudem starb der Zoogründer König Friedrich I. Unter den Zootieren, die teils weitergegeben, teils getötet wurden, waren auch seltene Quaggas – eine Tierart, die heute ausgestorben ist. Ein ausgestopftes Exemplar aus der Königlichen Menagerie findet sich noch im Naturalienkabinett des Museums am Löwentor in Stuttgart.
Ab 1840 konnten die Stuttgarter dann im „Affenwerner“, einer mit Tiergehegen erweiterten Gastwirtschaft, Löwen, Bären oder exotische Vögel bestaunen. Der Eigentümer führte Dressuren vor, ging auch mal mit einem wilden Tier spazieren und war überhaupt „eine exzentrische Figur“, wie Gohl sagt. Nach seinem Tod ging es mit dem Tiergarten im Hinterhof zu Ende.
Einen Teil der „Konkursmasse“ übernahm Nills Tiergarten am Herdweg, der zwischen 1871 und 1906 ein beliebtes Ausflugsziel war.
Zeichner und Maler kamen, um die Tiere zu skizzieren, darunter der bekannte Tiermaler Friedrich Specht, der sein Atelier auf der Gänsheide hatte. Oder auch der junge Kunststudent Richard Steiff aus Giengen. Seine Darstellung der hellbraunen „Bastardbären“, die aus der Paarung von Braun- und Eisbären entstanden, waren das Vorbild des Teddy-Bären. „Das ist relativ gut belegt“, berichtet Gohl. Die weltberühmte Tierbändigerin Claire Heliot war im Nill’schen Tiergarten ebenso zu sehen wie andere Berühmtheiten oder auch Völkerschauen, bei denen Menschen aus Übersee zur Schau gestellt wurden.
Nach der Schließung dieses Zoos zeigte ein kleinerer an der Doggenburg noch bis 1942 Tiere.
Einen Abstecher macht die Ausstellung zu Hermann Ploucquet, einem Präparator am königlichen Naturalienkabinett in Stuttgart. Er komponierte Szenen aus ausgestopften Tieren, die unter anderem im Kurtheater beim „Neuner“-Bad ausgestellt und ein echter Publikumsmagnet waren. Auch bei der Weltausstellung in London 1851 waren einige davon zu sehen. Sie wurden als „The Comical Creatures from Wurtemburg“ bekannt; 153 der Szenerien wurden später nach England verkauft, wo Ploucquet noch heute ein Begriff ist.
Diese und noch mehr Geschichten sind bei der Ausstellung nicht nur nachzulesen, sondern mit 18 Bild-Text-Tafeln illustriert. Auch dreidimensionale Objekte, zum Beispiel aus dem Nachlass von Claire Heliot, konnte der Autor Jörg Kurz beschaffen. Und rund 50 alte Grafiken und alte Postkarten, mit Passepartouts und Rahmen wertig präsentiert, sind für Ulrich Gohl die eigentlichen Perlen der Schau.