Neue Blicke auf den alten Osten – Ausstellung im MUSE-O
Kaum ein Architekturstil hat den Stuttgarter Osten mehr geprägt als der Historismus. Ihm widmet MUSE-O nun eine eigene Ausstellung unter dem Titel „Prunk und Plüsch“. Eröffnung ist am 5. März.
Das ist schon ein faszinierender Effekt: Nach der Betrachtung der mehr als zwei Dutzend Bild-Text-Tafeln dieser Ausstellung wird man viele Ecken des Stuttgarter Ostens mit anderen Augen sehen. Oft folgt auf das erstaunte „Wo ist das denn?“ ein „ach da!“, denn an dem Haus ist man schon Hunderte Male vorbeigegangen und hat es doch nicht wirklich gesehen, geschweige denn gewürdigt.
Jörg Kleinbeck, der für MUSE-O vor Jahren bereits eine Ausstellung über den Jugendstil erarbeitet hat, hat sich nun den Historismus vorgenommen, jenen Stil, der ungefähr zwischen 1850 und 1914, hierzulande verstärkt ab 1880 das Gesicht der Stadt verändert hat. Er waren im Großen und Ganzen wirtschaftlich erfolgreiche Jahre; das Bürgertum konnte sich etwas leisten – und war bereit, dies zu zeigen, auch in der Architektur. Die Planer „liehen“ sich Gestaltungsideen aus vergangenen Epochen, etwa der Gotik und der Renaissance, und verschmolzen sie zu einem Stil, der vielen noch immer gemütliche Gefühle bereitet.
Zwischen Berg und der Gänsheide – mit einem Schwerpunkt in Ostheim – entdeckte Kleinbeck an die 30 besondere Beispiele dieses Stils. Natürlich sind die stilprägenden „Ikonen“ des Historismus dabei: die Villa Berg als erster Neo-Renaissancebau hierzulande und die Berger Kirche als erstes Neogotik-Gotteshaus Württembergs. Vor allem aber geht es um die Wohnhäuser, die – manchmal komplett, manchmal nur in Teilen – historistische Züge tragen. Jedem Gebäude ist eine eigene Tafel mit knappem Text und mehreren Fotos gewidmet; sofern historische Ansichten vorliegen, zeigt die Ausstellung selbstverständlich auch diese.
Zu diesen gebauten Zeugen des Historismus stellen die Ausstellungsmacher des MUSE-O die passenden Einrichtungsgegenstände, etwa Schränke und Sessel. Den zweiten Raum dominierte ein blaues Teil, das die Museumsleute augenzwinkernd als „neoromanisches Ausstellungsmöbel“ bezeichnen; es trägt weitere Exponate, etwa aus Keramik oder Glas. Papiererne Zeugnisse, Bücher und Kataloge beispielsweise, sind in Flachvitrinen zu bestaunen. Die meisten Objekte stammen – wie oft bei MUSE-O – von Menschen aus dem Stuttgarter Osten.
Eröffnet wird die beeindruckende Zusammenstellung mit einer kleinen Feier am Sonntag, dem 5. März, um 15 Uhr. Dabei wird Jörg Kleinbeck in einem kleinen Rundgang auf wichtige Aspekte der Ausstellung aufmerksam machen.